Wie effizient werden die ÖPNV-Millionen investiert?

Folge 2: Über nicht immer erklärbare hohe Ausgaben und miserable Effektivität 

Mit etwa 170 Millionen Euro im Jahr hält das Land Bahn und Busse am Laufen. Ob das Geld der Steuerzahler immer sinnvoll ausgegeben wird, muss bezweifelt werden. Es fehlt an Transparenz und Effizienzkontrolle.

Bereits vor sechs Jahren schlug die Verbraucherzentrale Bundesverband Alarm. Im Schienenverkehr habe das Saarland die teuersten Kosten und den geringsten Nutzen aller Bundesländer, stellten sie in einer bundesweiten Kennzahlen-Analyse fest.

  • Beim Aufwand je eingekauften Zug-Kilometer (Maßstab für die Effizienz) lag das Saarland damals mit 13,50 Euro pro Zug-Kilometer 30 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (10,60 Euro). Auch aus aktuelleren Zahlen (Linken-Anfrage im Bundestag 2014) ist festzustellen: Das Saarland kauft unter allen Bundesländern den teuersten Bahnverkehr ein.
  • Bezogen auf die Kosten pro Reisenden-Kilometer (Maßstab für Effektivität) war das Saarland mit 33,5 Cent pro Reisenden-Kilometer ineffektivstes Bundesland im Westen (Bundesdurchschnitt 14,2 Cent).
  • Auch die Auslastung der Züge war mit 38 Reisenden-Kilometer pro Zug-Kilometer miserabel (Bundesdurchschnitt 75).
  • Demzufolge attestierten die obersten Verbraucherschützer dem Saarland die schlechteste Verkehrsleistung: „mit 250 Reisenden-Kilometern pro Einwohner schlechtester Wert, trotz hoher Bevölkerungsdichte“, weit weniger als die Hälfte des Bundesdurchschnitts (573 Reisenden-Kilometer pro Einwohner). „Die schlechten Werte für das Saarland bedürfen einer besonderen Erklärung“, so die Verbraucherschützer. Ihre Expertise verschwand damals sehr schnell in den Schubladen des Verkehrsministeriums.

Immer mehr Subventionen für weniger Fahrgäste
Die Situation dürfte heute nicht viel besser sein. Insgesamt sind die Mittel für den Bahnverkehr auf 104 Millionen Euro gestiegen und die Fahrgastzahlen in den Zügen stagnieren aber. Aktuell liegen Saarlandinside nur die Zahlen für die Effizienz-Ermittlung vor. So hat 2015 das Wirtschaftsministerium via VGS den Schienenverkehrsunternehmen Bahn, Vlexx und Saarbahn 76,5 Millionen Euro überwiesen. Deren Kostenstrukturen sind höchst unterschiedlich. Die Bahn hat für 6,3 Millionen Fahrplan-Kilometer 65,4 Millionen Euro erhalten, pro Kilometer 10,50 Euro, das ist immer noch so hoch wie der Bundesdurchschnitt von 2010. Die Bahn kassiert mit diesem Satz auskömmlich, trotz wachsender Konkurrenz. Die Saarbahn bekommt für den Schienenkilometer außerhalb der Landeshauptstadt 7,95 Euro.

Vlexx fährt fast 40 Prozent billiger als DB Regio
Vlexx, der Anbieter auf der Nahestrecke Saarbrücken-Frankfurt, muss in seinem bis 2037 laufenden Vertrag hingegen mit nur 6,57 Euro pro Kilometer auskommen. Dies zeigt, dass der Steuerzahler vom freien Wettbewerb auf der Schiene durchaus profitiert. Die Verbraucherzentrale schätzte bereits 2010, dass durch sinnvolle Mittelverwendung und freien Wettbewerb der Schienennahverkehr ein Potenzial von 20 Prozent mehr Fahrgästen habe. Eine neue Chance für kostengünstigeren und kundenfreundlicheren Schienenverkehr bietet sich dem Saarland jetzt: 2018 laufen die Verträge mit DB Region auf vier Strecken aus (2,1 Millionen Zug-Kilometer). Bei Ausschreibungen ist für den Steuerzahler und Bahn-Kunden also noch einiges rauszuholen.

Kindheit

Frankreich-Strategie im ÖPNV: Saarland zahlt allein
Auch bei den Bussen besteht noch großes Effizienz-Potential. So hat der Rechnungshof in den zurückliegenden Jahren moniert, dass einzelne Regionalinien jährlich mit hohen Beträgen bezuschusst werden – bei äußerst geringen Fahrgastzahlen. Auf Deutsch: Völlig unrentabel. Weiteres Monitum der Prüfer bei den grenzüberschreitenden Linien: Obwohl auch die französische Seite vom saarländischen Angebot stark profitiere, weigerten sich die französischen Verkehrsträger, sich auch mit nur einen Sou an den Kosten zu beteiligen. Das Problem ist für die Saarbahn mit ihrer Anbindung an Saargemünd noch virulenter. Die Frankreich-Strategie im ÖPNV auf Französisch heißt also: Das Saarland zahlt alles. Honni soit qui mal y pense…

ÖPNV-Mittel für den Bau von Landesstraßen abgezwackt
Auch andere ÖPNV-Subventionen des Bundes werden im Land nicht immer bestimmungsgemäß verwendet. Beispiel die sogenannten „Entflechtungsmittel“ für die ÖPNV-Infrastruktur. Auf eine Anfrage der Piraten im Landtag musste die Landesregierung einräumen, dass sie jedes Jahr etwa acht bis zehn Millionen ÖPNV-Euros für die Landesstraßen abzwacke. Entflechtung auf saarländisch. Der Bund ist wehrlos: „Ins Einzelne gehende Prüfungsrechte hinsichtlich der Verwendung der Mittel stehen dem Bund nicht zu“, so die Landesregierung schon fast dreist. Auch der Deutsche Bahnkunden-Verband weiß: „Viele Bundesländer nutzen die Regionalisierungsmittel gerne auch für andere Aufgaben: für Investitionen in Busse und Straßenbahnen, zum Einbau von Aufzügen oder für Tarifmaßnahmen.“ Das Geld dürfe aber ausschließlich für Regionalzüge verwendet werden, fordert der Verband. 

VCD: Land riskiert Rückforderungen
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht durch das Umlenken von Schienen-Subventionen in die Landesstraßen das Risiko von Rückforderungen des Bundes, weil ab 2016 klare Verwendungsnachweise zu erbringen sind und die Trickserei früher oder spätere auffliegt. Die Landesvorsitzende Andrea Schrickel: „Damit ist der Schienenpersonennahverkehr in seinem Bestand gefährdet“. Nebenbei: Das Wirtschaftsministerium hat die Bewirtschaftung von inzwischen mehr als 80 ÖPNV-Millionen Euro im Jahr  im Wirtschaftsplan des Landesbetriebs für Straßenbau versteckt. Die Straßenbauer können die ÖPNV-Millionen offenbar am besten ausgeben.

Saarland verweigert dem Bund wichtige Daten
Zwar sollen laut Regionalisierungsgesetz die Länder „dem Bund jährlich einen effizienten Mitteleinsatz nachweisen“ (Koalitionsvertrag der Bundesregierung), aber das Saarland meldete als einziges Bundesland jahrelang wichtige Daten nicht, z.B.  Zahlen zu den bestellten Zugkilometern, Preise und die Höhe der Ausgleichszahlungen für den Ausbildungsverkehr. Das ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken in 2014.

Saarland hat die höchsten Verbundkosten
Aus der Linken-Anfrage ergibt sich eine weitere Peinlichkeit. Im Saarland gehen, gemessen an der Verkehrsleistung, bundesweit mit Abstand die meisten Gelder allein für die Verbundförderung drauf. 8,6 Millionen Euro, knapp zehn Prozent der gesamten ÖPNV-Gelder, fließen jedes Jahr zur Verlustabdeckung in den über-organisierten ÖPNV-Verbund hierzulande. Andere Bundesländer arbeiten mit ihren Verkehrsverbünden sehr viel effizienter: Baden-Württemberg zum Beispiel mit deutlich geringerer Bevölkerungsdichte kommt mit dem halben Aufwand auf.

Demnächst mehr über die Gründe, warum das ÖPNV-Management im Saarland nicht optimal arbeiten kann.

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Quellen:
Verbraucherzentrale Bundesverband, Hintergrundpapier Schienenverkehr, 2010
Regierung des Saarlandes, Haushalt 2016 und 2017, Kapitel 0804
Landesbetrieb für Straßenbau, Wirtschaftsplan 2016 und 2017
Landtag des Saarlandes, Drucksachen 15/565, 15/1371 und 15/1412
Deutscher Bundestag, Drucksache 18/537
Rechnungshof des Saarlandes, verschiedene Prüfberichte