Kampagnen-Plakat des Sozialverbands Deutschland
3.000 Euro Inflationsausgleich für alle Rentner fordern Gewerkschaften und Sozialverbände. Im Gegensatz zu den beamteten Pensionären sind die Rentner bisher leer ausgegangen. Eine Ungleichbehandlung, sagen die Verbände. Im Saarland sind rund 260.000 Rentner direkt betroffen.
Seit 2021 liegen die Rentenanpassungen unter den Inflationsraten und decken bei weitem nicht die Teuerung bei den Heizungs- und Energiekosten, den Mietsteigerungen, bei Medikamenten und besonders bei Lebensmitteln. Das Geld reicht bei vielen Rentnern kaum noch bis zum Monatsende.
Christian Dirb, Landesgeschäftsführer Rheinland-Pfalz/Saar des Sozialverbands Deutschland (SoVD).
Der SoVD, Deutschlands ältester Sozialverband, will eine Petition für eine Inflationsausgleichsprämie mit 200.000 Unterschriften dem Bundestag vorlegen. Begründung: „Die Unterschriftenaktion soll der Politik deutlich machen, dass es so nicht weitergeht.“ In den meisten Bundesländern machen Bündnisse von Gewerkschaften, Sozial- und Seniorenverbänden Druck. Der Unmut wächst.
Wer nur von einer kleinen Rente lebt, hält eine Inflationsprämie für Pensionäre des Bundes für absolut unangemessen. Pensionärinnen und Pensionäre erhalten im Schnitt fast doppelt so viel im Alter wie Rentnerinnen und Rentner. Deshalb sagen wir: Zahlt den armen Rentnerinnen und Rentnern eine genauso hohe Inflationsprämie.
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK
Im Saarland blenden Politik und Medien dieses unangenehme Thema aus. Fast ein Drittel der Bevölkerung über 20 Jahre ist direkt betroffen. Wer bei Google unter dem Stichwort „Saarländischer Rundfunk Inflationsausgleich für Rentner“ sucht, erhält keinen einzigen Treffer. Über die positive Nachricht zum gezahlten „Inflationsausgleich für pensionierte Beamte“ hingegen mehrere. Ähnliches bei der Saarbrücker Zeitung. Das Thema „Inflationsausgleichsprämie für Rentner“ taucht dort zwar in einem Mini-Artikel auf, allerdings als Anzeige des SoVD gekennzeichnet.
Ihren knapp 1,8 Millionen Pensionären und deren Hinterbliebenen haben Bund und Länder den Inflationsausgleich bis zum Höchstbetrag von 2.150 Euro zugestanden, im Saarland haben rund 16.000 Ruhegehaltsempfänger davon profitiert. Die 260.000 Saar-Rentner schauen aber bislang in die Röhre.
Keine Prämie für Elterngeldbezieher
Ebenso die 10.000 Elterngeldbezieher im Saarland, die ohnehin mit niedrigerem Einkommen auskommen müssen. Begründung: Während des Elterngeldbezugs ruhe das Arbeitsverhältnis und deswegen gebe es keine Prämie, teilt uns eine betroffene Leserin mit, die im öffentlichen Dienst arbeitet. Gerade an den Schwächsten werde immer gespart. Die öffentlichen Bediensteten profitieren seit Ende letzten Jahres sowohl von der 3.000 Euro-Prämie als auch von einer Tariferhöhung von 5,5 Prozent.
Die Lage der Rentner hat sich verschlechtert
Insbesondere die ökonomische Lage der Rentner hat sich deutlich verschlechtert. Zwar melden Politik und Medien, dass die Inflationsrate auf 2,2 Prozent (im Saarland auf 2,8) gesunken sei. Dass aber die Lebenshaltung seit 2020 um ca. 20 Prozent teurer geworden ist (Destatis), wird ausgeblendet.
▪ Die Preise für Nahrungsmittel stiegen um 32 Prozent.
▪ Benzin ist 45 Prozent teurer geworden.
▪ Strom, Gas und Fernwärme kosten 51 Prozent mehr.
▪ Pauschalreisen stiegen um 28 Prozent.
▪ Im Restaurant kosten Speisen 26 Prozent mehr als noch 2020.
Als Ausgleich haben der Staat und die Tarifpartner 26 Millionen Beschäftigten der Privatwirtschaft, den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes, sowie den 1,9 Beamten und 1,8 Millionen Pensionären die Inflationsprämie von bis zu 3.000 Euro, steuer- und sozialabgabenfrei, ermöglicht.
Was Sozialminister Heil (SPD) von der Prämie hält
Aufschlussreich die Begründung von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) auf der Plattform abgeordnetenwatch.de, warum ein Inflationsausgleich für Rentner nicht möglich sei: Die bisher insgesamt 30 Millionen Mal ausgezahlte Inflationsausgleichsprämie trage als Einmalzahlung dazu bei, dass die Inflation gedämpft werde, so Minister Heil. Davon profitierten auch die Rentner.
Dann seien da ja noch die Energiepreispauschale und die Strom- und Gaspreisbremse, die auch Rentner entlastet hätten. Zudem würden die Renten jährlich zum 1. Juli angepasst und folgten so den Löhnen. Die Rentnerinnen und Rentner hätten so an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teil, sagt der Minister.
Altersrente im Saarland am niedrigsten
Im Saarland träfe eine Inflationsausgleichsprämie auf offene Geldbeutel bei 260.000 Rentnern, die insgesamt 315.000 Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten beziehen. Nur einer von fünf Rentnern erhält mehrere Renten, z.B. Alters- plus Hinterbliebenenrente. Das Rentenniveau im Saarland ist sehr niedrig. Die durchschnittliche Altersrente liegt bei 1.034 Euro, im Bund bei 1.099 Euro (siehe Infografik). Knapp 180.000 Renten, 57 Prozent, liegen unter 1.000 Euro, 80.000 unter 500 Euro im Monat (DRV).
⟹ Link zur Petition
Fazit: Fairness und sozialer Frieden
Krieg und andere Krisen haben die Lebenshaltung massiv verteuert. Die meisten Arbeitnehmer, pensionierten Beamten und ihre Hinterbliebenen haben deshalb eine Ausgleichsprämie bekommen. Die Rentner nicht. Dafür sei kein Geld da, sagt die Politik. Die führenden Sozialverbände und Gewerkschaften sehen darin eine massive Ungleichbehandlung, zumal Beamte im Ruhestand ohnehin ein wesentlich höheres Ruhegehalt haben, so der Sozialverband Deutschland. Die Rentner, die im Saarland mehr als 40 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren ausmachen, fühlen sich zurückgesetzt als Bürger zweiter Klasse. Dies schafft weiteren Unmut in der Gesellschaft, die mehr denn je Ausgleich und Zusammenhalt nötig hätte. Denn der soziale Frieden baut auf Fairness und Gerechtigkeit.
Quellen:
▪ Online-Petition des Sozialverbandes Deutschland
▪ Statement von Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD, zur Petition für einen Inflationsausgleich
▪ Deutsche Rentenversicherung: Statistikband Rente 2022
▪ Abgeordnentenwatch.de: Warum bekommen Rentner keinen Inflationsausgleich?