Nur vier von 51 Landtagsabgeordneten begnügen sich mit ihrem Abgeordneten-Gehalt von 103.320 Euro im Jahr. Alle anderen Saar-MdL verdienen in Aufsichtsräten, im Zweit-Job und in der Kommunalpolitik teils kräftig dazu. Saarlandinside nennt die Einkünfte und die Quellen. Und damit die potentiellen Abhängigkeiten und Einflussnahmen.

Die Abgeordneten-Entschädigung (Grundgehalt) und die Aufwandsentschädigung steigen zum 1. Februar auf zusammen 8.610 Euro. Die Erhöhung liegt auf der Linie der allgemeinen Lohnsteigerungen der letzten Jahre. Das Saarland liegt im Bundesländervergleich mit 103.320 Euro im Jahr im unteren Drittel. Bemerkenswert: Nur vier Abgeordnete beziehen ausschließlich ihr Grundgehalt und konzentrieren sich auf ihr Mandat: Alexandra Becker und Réka Klein (beide SPD), der AfD-Fraktionsvorsitzende Josef Dörr und sein CDU-Kollege Stephan Toscani. Außer ihnen hatten alle anderen Mandatsträger Zusatzeinkünfte, teils erhebliche.
Doppelte Fahrtkostenabrechnung
Zu den Diäten kommen weitere Vergünstigungen. 6.500 Euro für Fahrtkosten gibt es für jeden Abgeordneten durchschnittlich. Die Kosten werden pauschal erstattet. Die MdL fahren auch mit einem kostenlosen Ticket im ÖPNV-Netz. Nicht immer geht im hohen Haus die Fahrtkostenabrechnung ordnungsgemäß zu. So hatte der Landesrechnungshof der Landtagsverwaltung auf die Finger geklopft, weil sie 2022 Abgeordnete unzulässigerweise begünstigte. Einige Abgeordnete hätten die fünf Wall-Boxen in der Landtags-Tiefgarage zum kostenlosen Tanken ihrer privaten E-Autos genutzt, obwohl alle Fahrtkosten bereits pauschal erstattet seien. Dies verstoße gegen Haushaltsrecht. Ironie nebenbei: Persönliches Fehlverhalten einzelner Abgeordneter liege allerdings nicht vor, meinte der Rechnungshof. Sie hätten nicht „erkennen müssen, dass das Handeln der Verwaltung mit den Regeln des Haushaltsrechts nicht vereinbar sei“.
Auch dafür, dass der Abgeordnete zu Sitzungen und Terminen des Landtags erscheint, bekommt er im Durchschnitt ein Tagegeld von 3.140 Euro, pro Tag 25 Euro. Statistisch nimmt der Abgeordnete Innen- und Außentermine des Landtags an 125 Tagen im Jahr wahr. Da bleibt immer noch genügend Freizeit für einträgliche Nebeneinkommen.

Wahlaufruf. Anzeige eines Hamburger Kreativ-Teams. Konzept Anita Müller. Kontakt Lisa van Rissenbeck.
Genügend Freizeit der Abgeordneten für einen Zweit-Beruf
Der frühere CDU-Ministerpräsident Tobias Hans ist verdient als Unternehmensberater mehr als mit seinem Vollzeit-Mandat im Landtag: 115.400 Euro; sein Gesamteinkommen betrug 218.700 Euro. Beachtlich auch die Einkommen folgender Zweit-Berufler
◆ Timo Ahr (SPD) mit 57.900 Euro als Gewerkschaftssekretär,
◆ Sascha Zehner (CDU) mit 40.700 Euro als Angestellter in einem Inkasso-Büro,
◆ Frank Wagner (CDU) mit 40.400 Euro als Landesgeschäftsführer der CDU,
◆ Frank Dieter Schmidt (SPD), mit 33.500 Euro als Rechtssekretär bei Verdi,
◆ Christopher Salm (CDU) mit 30.000 Euro als Rechtsanwalt.
Begehrte Aufsichtsratsmandate für einige tausend Euro extra
Wer in der Landes- und Kommunalpolitik tätig ist, strebt gerne nach Aufsichtsratsposten, bevorzugt in den von der Politik beeinflussten Versorgungs-, Entwicklungsunternehmen, Kliniken und Sozialverbänden, Kreditinstituten und Versicherungen im Land.
Der Landtagsabgeordnete Bernd Wegner (CDU) war in Sachen Aufsichtsratsposten 2023 der Aktivste. Er bezog 25.000 Euro als Aufsichtsrat der Signal Iduna Versicherung, 10.300 Euro in gleicher Funktion für die Bank 1 Saar, 4.000 Euro von der Saarland-Versicherung, 2.500 Euro als Verwaltungsrat der Techniker-Krankenkasse und des Verbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). 41.250 Euro erhielt Wegner als Präsident der Handwerkskammer; 2023 hat er diese Funktion beendet. Insgesamt machte der Abgeordnete Wegner in 2023 nebenher 85.277 Euro.
◆ Dagmar Heib (CDU), Vizepräsidentin des Landtags, erlöste durch Aufsichtsratstätigkeit bei der Caritas-Trägergesellschaft Trier (ctt) 6.042 Euro (dazu noch 3.000 Euro als Landesvorsitzende des Sozialverbandes VdK-Saar).
◆ 10.000 Euro Aufsichtsratstantiemen bekam der CDU-Abgeordnete Hermann-Josef Scharf dazu, davon 4.000 Euro als Beiratsmitglied der Saarland-Versicherung. Bei der Caritas-Trägergesellschaft Saarbrücken (cts) arbeiten Aufsichtsräte laut Geschäftsbericht zwar „ehrenamtlich“; Scharf erhielt aber rund 4.000 Euro als „Sitzungsgeld“.
Auch Sitze in den Verwaltungsräten der Kommunalbetriebe Sparkassen sind verlockend:
◆ So zahlte die Sparkasse Merzig-Wadern an Frank Wagner (CDU) 4.800 Euro und an Martina Holz (SPD) 4.300 Euro,
◆ die Sparkasse Neunkirchen dem CDU-Abgeordneten Roland Theis 3.957 Euro,
◆ die Sparkasse Saarbrücken Pascal Ahrweiler (SPD) 1.750 Euro.
Auch von Saartoto und Saarland-Spielbanken gab`s vierstellige Beträge, von kommunalen Gesellschaften etwas weniger, aber immerhin noch ein paar Hundert bis mehr als 1.000 Euro.
Landtagsabgeordnete auch in kommunalen Räten aktiv
◆ 24 Landtagsabgeordnete mischten in der Kommunalpolitik mit. Dort gibt es Entschädigungen für das Ehrenamt in Orts-, Gemeinderäten und Kreistagen. Die Höhe der Zahlungen haben die Mitglieder der kommunalen Gremien in Geschäftsordnungen selbst festgelegt.
◆ Spitzenreiter bei kommunalen Nebeneinnahmen war der AfD-Abgeordnete Carsten Becker, der knapp 10.000 Euro angibt, 3.950 Euro für seine Tätigkeit im Stadtrat Saarlouis und 5.995 Euro aus dem Kreistag.
◆ Sein Parteikollege Christoph Schaufert bezog aus dem Stadtrat und dem Kreistag Neunkirchen 9.020 Euro. Es folgen
◆ SPD-Mann Stefan Löw mit 8.572 Euro für seine Kommunalarbeit in Eppelborn,
◆ seine Parteikollegin Julia Harenz (Wallerfangen) mit 6.750 Euro,
◆ CDU-Mann Christopher Salm (Tholey) mit 6.550 Euro,
◆ Timo Ahr (SPD-Wadgassen) 6.930 Euro,
◆ Christina Baltes (SPD Schiffweiler) 6.705 Euro,
◆ Maximilian Raber (SPD St. Ingbert) 5.520 Euro und
◆ Sascha Zehner (CDU Saarbrücken) 5.345 Euro.
Die restlichen MdL liegen bei unter 5.000 Euro für ihre kommunalen Aktivitäten .
40 Prozent der Abgeordneten beziehen verfassungswidrige Sonderzahlungen
Saarlandinside hat in einem Bericht dargelegt, dass 20 Saar-Landtagsabgeordnete, das sind 40 Prozent der Volksvertreter, für Sonderaufgaben verfassungswidrig bis zu 40.000 Euro Sonderzahlungen beziehen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verstoßen solche Extras gegen die Verfassung, weil sie innerhalb der Fraktionen unzulässige finanzielle Abhängigkeiten schaffen und Abgeordnete nicht mehr frei entscheiden können.
20.000 Euro extra für Minister mit Landtagsmandat
Ein Landtagsmandat ist ein Fulltime-Job, wie die Abgeordneten stets versichern. Deshalb erhalten sie die auskömmliche Entschädigung von 103.320 Euro im Jahr. Ein Sonderfall sind die fünf Abgeordneten, die gleichzeitig auch Ministerpräsidentin und Minister sind: Anke Rehlinger, Magnus Jung, Petra Berg, Reinhold Jost und Christine Streichert-Clivot. Deren Minister-Amtsbezüge liegen 2025 bei 190.000 Euro, die Ministerpräsidentin bekommt 230.000 Euro. Sie beziehen zwar keine Entschädigung, aber die Unkostenpauschale für Abgeordnete bekommen sie voll, 19.600 Euro. So kommt die Abgeordneten-Ministerpräsidentin Rehlinger auf mehr als 250.000 Euro Jahressalär und die Abgeordneten-Minister auf mehr als 210.000 Euro.
Die Doppelrolle Minister und MdL kann problematisch sein
In einigen Bundesländern ist der Doppeljob Minister-Abgeordneter aber verboten. Das hat seine Gründe. Die Doppelrolle kann bei zwei sehr zeitaufwendigen und anspruchsvollen Aufgaben eigentlich nicht funktionieren. Sie führt zu einer Überlastung und mindert die Leistung insgesamt. Eine mögliche Erklärung, warum Saar-Minister mit ihren Aufgaben nicht immer zurechtkommen. Dabei erledigen sie schon ihr Abgeordneten-Mandat mit Minimal-Präsenz im „Hohen Hause“, dann meist mit der Bearbeitung ministerieller Akten und vertieft in Tablets und Smartphones. In der Demokratie geht es darum, Machtkonzentration und Machtmissbrauch zu verhindern. Deshalb bewerten Staatsrechtler die Doppelrolle Minister-Abgeordnete als bedenklich. Die Minister-Abgeordneten erlassen Gesetze und führen sie gleichzeitig aus. Die Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen ist somit fraglich. Auch die Kontrollfunktion des Parlaments über die Regierung wird geschwächt. Transparenz und Verantwortlichkeit werden erschwert.
Links zu weiteren Themen:
Einkommensranking 2025 der saarländischen Landtagsabgeordneten
Abgeordnete gehen früher und mit exzellenter Pension in den Ruhestand
Saar-Abgeordnete genehmigen sich Zulagen in Millionenhöhe – offensichtlich verfassungswidrig
Info: Entschädigung, Aufwandsentschädigung, Sitzungsgeld und Fahrkostenerstattung
Die Entschädigung für den normalen Abgeordnete beträgt 83.724 Euro für die Präsidenten und die Fraktionsvorsitzenden 167.500 Euro, für die Vizepräsidentinnen 155.000 Euro. Die Aufwandsentschädigung (Unkostenpauschale) liegt für den normalen Angeordneten bei 19.596 Euro, für die Präsidentin und die Fraktionsvorsitzenden 27.500 Euro für die Vizepräsidenten 25.000 Euro.
● Hinzuzurechnen sind das Sitzungsgeld, im Durchschnitt 3.140 Euro, und die Fahrtkostenerstattung mit 6.500 Euro pro Abgeordneten und Jahr, im Durchschnitt. Sitzungsgeld und Fahrtkosten werden individuell erstattet.
(Beitrag korrigiert am 21.1.25)
Quellen:
Saarländisches Abgeordnetengesetz
Saarländisches Ministergesetz
Webseite des Saar-Landtags
Webseiten der Landtagsfraktionen
Prüfbericht des Landesrechnungshofes 2023