Im Saarland auffallend viele Lungenkrebs-Tote

Im Saarland gibt es im Vergleich zu anderen Bundesländern überdurchschnittlich viele Lungenkrebsfälle. Dies geht aus dem Krebsreport des Robert-Koch-Instituts hervor. Die Männer liegen auf Platz 2, die Frauen auf Platz 3 der Bundesländer. Im Saarland bieten zwei zertifizierte Lungenkrebszentren Hilfe. Saarlandinside-Serie „Die Gesundheit der Saarländer“.
2019 starben im Saarland 757 Menschen an Lungenkrebs

Mehr als 15.000 Menschen im Saarland leiden an Krebs. Auffallend oft lautet die Diagnose Lungen- oder Bronchialkrebs. Laut Robert-Kochinstitut erkranken im Saarland pro 100.000 Einwohner und Jahr (Inzidenz 68) etwa doppelt so viele Männer an Lungenkrebs wie zum Beispiel in Baden-Württemberg (Inzidenz 35); das Saarland liegt knapp hinter Nordrhein-Westfalen (Inzidenz 70). Die Saarfrauen liegen in der Krebshäufig hinter Hamburg und Nordrhein-Westfalen, die Inzidenz (40) ist doppelt so hoch wie zum Beispiel in Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg (unter 20). Bei den Männern ist Lungenkrebs nach Prostatakrebs, bei den Frauen nach Brustkrebs die häufigste Krebsart. Allein im Jahr 2019 starben hierzulande 757 Menschen daran.

Hauptursache für Lungenkrebs: Rauchen

Die Hauptursache steht fest: „In 70 bis 80 Prozent der Fälle ist es Tabakrauchen“, erklärt Prof. Dr. Harald Schäfer, Chefarzt der Medizinischen Klinik II und Leiter des Lungen-Zentrums Saar sowie Ärztlicher Direktor der SHG-Kliniken Völklingen. Ansonsten seien es „genetische Unfälle“. Umweltbedingte Ursachen wie zum Beispiel eine erhöhte Radon-Belastung seien im Saarland nicht relevant. Die Bergbau-Vergangenheit der Region spiele ebenso keine signifikante Rolle.

Obwohl es große Fortschritte bei der Diagnose und auch den Therapiemöglichkeiten für bestimmte Patienten gibt, ist die Prognose für 20 Prozent der betroffenen Frauen und 15 Prozent der betroffenen Männer ungünstig; sie sterben innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem Krankheitsausbruch. Beim Lungenkrebs gilt wie auch bei allen anderen Krebsarten: Je früher er diagnostiziert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Doch Lungenkrebs wächst oftmals im Verborgenen, breitet sich aus, bildet Metastasen und nicht selten ist es zu spät, wenn er entdeckt wird.

„Wer länger als vier Wochen hustet, der sollte das auf jeden Fall vom Arzt abklären lassen“, rät Prof. Dr. Schäfer. Auch blutiger Auswurf oder Heiserkeit könnten ein Hinweis auf Lungenkrebs sein. Hat dieser bereits gestreut, dann können Metastasen andere Symptome verursachen, zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen, weil das Gehirn oder die Wirbelsäule betroffen sind.

Erkrankung lässt sich verlangsamen

Prof. Dr. Schäfer: „Selbst mit modernen Methoden gelingt es im metastasierten Stadium selten, alle Krebszellen restlos zu entfernen oder zu zerstören. Oftmals geht es darum, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder – in späteren Stadien – die tumorbedingten Beschwerden zu lindern.“ Für einzelne Patienten lässt sich allerdings auch im fortgeschrittenen Stadium mit bestimmten Medikamenten ein stabiler Langzeitverlauf, durchaus über mehrere Jahre erzielen. Wichtig dabei ist diese Patienten durch umfassende Untersuchungen u.a. am gewonnenen Tumormaterial zu identifizieren, wie dies in entsprechenden spezialisierten Zentren möglich ist.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Schaefer-2019-web.jpgProf. Dr. Harald Schäfer, Chefarzt Innere Medizin-Pneumologie, thorakale Onkologie, Palliativmedizin, Infektiologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Lungen Zentrum Saar, Ärztlicher Direktor, SHG-Kliniken Völklingen. Foto: SHG-Kliniken Völklingen

Zwei Lungenkrebszentren mit Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen

Das Lungenzentrum Saar der SHG-Kliniken Völklingen wurde vor zehn Jahren als erstes hierzulande von der Deutschen Krebsgesellschaft als Lungenkrebszentrum zertifiziert. 2018 erhielt auch die Uniklinik Homburg das Zertifikat. „Im Lungenkrebszentrum arbeiten Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen Hand in Hand mit dem Ziel, jedem einzelnen Patienten die beste Therapie zukommen zu lassen“, erläutert der Experte. Das Behandlungsspektrum reicht von Chemotherapie über Bestrahlung und Immuntherapie sowie molekular stratifizierter medikamentöser Therapie bis zur Operation. „Allerdings befindet sich ein Großteil der Patienten bei Diagnosestellung schon in einem fortgeschrittenen Stadium. Hier kann dann gegebenenfalls eine Kombination verschiedener Verfahren notwendig werden“, berichtet Prof. Dr. Schäfer.

Hilfe von der saarländischen Krebsgesellschaft

Schäfer war von 2010 bis 2018 Vorsitzender der Saarländischen Krebsgesellschaft und engagiert sich heute im Beirat des Vereins, der unter anderem Beratung für Patienten und Angehörige anbietet. „Die psychosoziale Betreuung spielt eine wichtige Rolle. Sie ist auch im Lungenzentrum Saar ein fester Bestandteil der Therapie“, betont der Professor. Das gilt auch bei der palliativen Behandlung, wo es darum geht, das Leiden zu minimieren.

Regelmäßige CTs bei starken Rauchern verhindern Todesfälle

Damit es nicht so weit kommt, soll Lungenkrebs künftig bei der Vorsorge berücksichtigt werden. „Regelmäßige Computer-Tomographien bei starken Rauchern können Todesfälle verhindern“, ist sich Dr. Schäfer sicher, wie man aus entsprechenden Studien gesehen hat. Er geht davon aus, dass die entsprechende Vorsorge- beziehungsweise Früherkennungsuntersuchung im nächsten Jahr in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen wird.

Gesunder Lebensstil verringert Krebserkrankungen um ein Drittel

Einem Rauchverbot steht der Mediziner skeptisch gegenüber. Sein Vorschlag: Werbung für Tabakprodukte gänzlich verbieten. „Aufs Rauchen zu verzichten, ist das Wichtigste, um Lungenkrebs und auch vielen anderen Krebsarten vorzubeugen.“ Zudem rät er zu einem gesunden Lebensstil: „Wer für eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung, ausreichend Schlaf sowie regelmäßige Bewegung an der frischen Luft sorgt, stärkt die körpereigenen Reparaturmechanismen. Das kann das unkontrollierte Wachstum bösartiger Zellen verhindern.“ Etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen seien dadurch vermeidbar.

 

Die Meinung von Katharina Rolshausen
Vorsorge-Logik

Eine Hauptursache für den – häufig tödlich verlaufenden – Lungenkrebs ist das Rauchen. Es zu verbieten, ist demzufolge die logische Konsequenz. Angesichts der jährlich 14,7 Milliarden Euro Einnahmen durch die Tabaksteuer scheint ein generelles Rauchverbot in Deutschland schwierig durchzusetzen. Andererseits sichern auch die Grundrechte jedem Bürger die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zu. Allerdings ist ebenso das Recht auf körperliche Unversehrtheit festgeschrieben. Es bildet die Basis für jene Gesetze, die das Rauchen an bestimmten Orten zu verbietet, um Nichtraucher zu schützen.

Doch der Staat trägt auch Verantwortung für Raucher. Ihnen – ab einem bestimmten Alter und Konsummenge – Vorsorgeuntersuchungen anzubieten und damit Lungenkrebs in einem frühen, noch gut behandelbaren Stadion zu erkennen zu können, erspart nicht nur menschliches Leid, sondern auch enorme Kosten für das Gesundheitswesen. Auch das ist logisch. Dass die entsprechenden Früherkennungsuntersuchungen noch keine Kassenleistung sind, liegt an dem langwierigen Verfahren in Deutschland, allerdings besteht begründete Hoffnung auf baldige Änderung.

 

Info
Zertifizierte Zentren – was versteht man darunter?

Bei den Zentren mit einer Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft handelt es sich um Netzwerke aus stationären und ambulanten Einrichtungen. Sie sind nicht auf einzelne Krankenhäuser beschränkt, sondern beziehen niedergelassene Ärzte und weitere Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses ein, z.B. Rehabilitationseinrichtungen. In Zentren arbeiten so alle an der Behandlung eines Krebspatienten beteiligten Fachrichtungen eng zusammen. Viele der Qualitätsanforderungen, die für eine Zertifizierung erfüllt sein müssen, leiten sich aus den Empfehlungen der aktuell geltenden onkologischen Leitlinie ab. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das verfügbare medizinische Wissen in die Therapieentscheidung einfließt. Außerdem müssen die Zentren nachweisen, dass sie über das nötige Wissen und die erforderliche Ausstattung (Technik, Personal) für die Behandlung von Krebspatienten verfügen. Nicht-zertifizierte Einrichtungen müssen diese Anforderungen hingegen nicht erfüllen.

Einen Flyer mit Informationen zum Thema Lungenkrebs hat die Deutsche Krebshilfe erstellt. Er steht als PDF zum kostenlosen Download bereit.

Beratung für Menschen mit Krebs und ihre Familien – vor, während und nach der Therapie – bietet die Saarländischen Krebsgesellschaft e.V.  Zum Angebot zählen auch Kurse, Präventionsangebote, Selbsthilfegruppen und Forschungsförderung.

Kontakt

Saarländische Krebsgesellschaft e.V.
Bruchwiesenstr. 15
66111 Saarbrücken
Telefon: 0681 309 88-100
E-Mail: info@krebsgesellschaft-saar.de
Internet: www.krebsgesellschaft-saar.de

 

Terminhinweis

Offene Krebskonferenz in Saarbrücken: Am 9. Oktober 2021 findet im Saarbrücker Schloss sowie auch als Livestream im Internet die Offene Krebskonferenz statt. Beim bundesweit größten Patientenkongress können sich alle Interessierten kostenlose über die neuesten Entwicklungen der Krebsdiagnostik und -therapie informieren. Die Vorträge um 11 Uhr widmen sich verschiedenen Krebs-Arten. Dr. Melanie Janning vom Universitätsklinikum Mannheim wird über die neuesten Entwicklungen im Bereich Lungenkrebs referieren. „Krebstherapie in Zeiten von Corona“ ist um 16.10 Uhr das Thema des Vortrags des Lungenkrebs-Experten Prof. Dr. Harald Schäfer.
Das gesamte Programm gibt es hier