Zeitungen leben von Abo-Gebühren, Anzeigen, Beilagen und wirtschaftlichen Beteiligungen. Die Saarbrücker Zeitung macht zusätzlich Millionengeschäfte mit der Landesregierung. Und Stiftungen von CDU, SPD und FDP sind über eine gemeinsame Gesellschaft zu 28 Prozent an der SZ beteiligt. Beeinflusst das die Berichterstattung der Zeitung, die im Saarland eine Monopol-Stellung hat?
Pressefreiheit: Zeitungen können berichten, was und wie sie wollen
Zeitungsverlage sind Tendenzbetriebe, d.h. sie verfolgen festgelegte inhaltliche Linien. Sie können links oder rechts sein, kritisch oder regierungstreu, wirtschaftsfreundlich oder gewerkschaftsnah. Redakteure, die diese Tendenz nicht mittragen, können sogar entlassen werden. Zeitungen sind also keine neutralen Medien. Sie sind nicht zur Meinungsvielfalt verpflichtet. Wie und worüber sie berichten und vor allem: worüber nicht, dies fällt alles unter die Pressefreiheit. Zeitungen dürfen also einseitig berichten. Auch um damit Gewinne zu erwirtschaften.
SZ-Tochter Saarriva verdient Millionen mit der Landesregierung
Gewinne aus nicht-medialer Tätigkeit erwirtschaftet die Saarbrücker Zeitung u.a. durch ihre Tochter Saarriva. Der Postdienstleister ist schon in den 2000er Jahren mit der CDU-Regierung Peter Müller ins Geschäft gekommen und erledigt seitdem für die Landesbehörden den Postdienst. Daraus bekommt Saarriva jedes Jahr zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro. Außerdem lassen auch die saarländischen Kommunen ihre Post über Saarriva verteilen. Das SZ-Unternehmen dürfte also einen Großteil seines 15 Millionen-Umsatzes mit den politisch geführten Behörden im Saarland erzielen.
Beeinflusst das Millionengeschäft die Berichterstattung?
Die Frage stellt sich: Inwieweit kann die Monopol-Zeitung SZ überhaupt kritisch und unabhängig berichten, wenn ihr wirtschaftlicher Erfolg auch von der Landesregierung abhängig ist? Schließlich hat die Presse in unserer Gesellschaft das Image des kritischen Beobachters von Politik und Gesellschaft. Sie soll die Mächtigen kontrollieren. Manche schreiben der Presse sogar die Rolle der „vierten Gewalt“ in einer Demokratie zu.
Kontrolle der Machausübenden nicht das Leitmotiv
Langjährige SZ-Leser stellen fest, dass die Kontrolle der Machtausübenden nicht das publizistische Leitmotiv der Saarbrücker Zeitung zu sein scheint. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass die SZ die Regierungsparteien wohlwollend begleitet und bisweilen auch zu ihren Gunsten in den Wahlkampf eingreift. Dies alles lässt sich unter Pressefreiheit subsumieren. Möglicherweise wäre manche politische Fehlentwicklung im Saarland nicht eingetreten, wären die Medien ihrer Aufgabe als watchdogs gerecht geworden. Saarlandinside hatte dies bereits in einem Beitrag durchleuchtet.
Einfluss der Parteien auf den SZ-Aufsichtsrat
Einfluss auf das Unternehmen SZ üben auch indirekt politische Parteien im Aufsichtsrat über die „Gesellschaft für Staatsbürgerliche Bildung Saar mbh (GSB)“ aus. Die GSB hält 28 Prozent der Anteile an der SZ. Diesen Anteil teilen sich die Union-Stiftung (CDU 40 %), Stiftung Demokratie (SPD 40%) und die Stiftung Villa Lessing (FDP 20%). Die Partei-Stiftungen stellen fünf Aufsichtsräte, davon die SPD ihre hochrangigen Mitglieder Friedel Läpple, langjähriger SPD-Innenminister und Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Demokratie Saar, und Cornelia Hofmann-Bethscheider (SPD), Präsidentin des Sparkassenverbandes Saar.
Partei-Stiftungen am Gewinn der Saarbrücker Zeitung beteiligt
Über viele Jahre war die SZ der Goldesel für diese Partei-Stiftungen. Im Spitzenjahr 2012 konnten sie dank Sonderausschüttungen zusammen 25 Millionen Euro einstreichen, je 10 Millionen für CDU- und SPD-Parteienbildung, 5 Millionen für die Liberalen. Im Jahr 2019 flossen noch knapp 3 Millionen Euro über die GSB an die Parteistiftungen.
Fazit: Zwischen Geschäften und Pressefreiheit
Die SZ macht lukrative Millionengeschäfte mit der Landesregierung. Das darf sie auch. Damit kann der von der Verfassung zugeordneten Demokratie-Auftrag der Presse gegen wirtschaftliche Interessen in Diffizilität geraten. Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet in seiner Rechtsprechung eine freie Presse als „schlechthin konstituierend“ für die Demokratie. Dies gilt in besonderem Maße für die Tageszeitung, die die einzige im Saarland ist.
Info: Sinkende Auflage, Entlassungen, Expansion auf dem Online-Markt
Der Vollständigkeit halber: Die Saarbrücker Zeitung ist weltweit an 55 Unternehmen beteiligt, überwiegend an Sprachen-, Online- und Content-Management-Dienstleistern. Der SZ gehört auch zu 100 Prozent der Prospektverteiler Wochenspiegel (Gewinn 2018: 2,5 Millionen Euro). Sie produziert mehrere Stadtteilzeitungen. Sie drängt auf den Markt der Online-PR-Agenturen und hat daraus mehr als 5 Millionen Euro Erlöse erzielt (2018).
Die gedruckte Saarbrücker Zeitung hat heute noch 109.000 Abonnenten, 30.000 weniger als 2012. Mit Anzeigen wird nicht mehr so leicht Geld verdient wie früher. Deshalb hatte der Aufsichtsrat einen harten Sparkurs durchgesetzt und vor vier Jahren ein Sanierungskonzept beschlossen. In Verlag und Redaktionen, inklusive Trierischem Volksfreund und Pfälzischem Merkur, wurden 100 Stellen abgebaut.
Quelle: Geschäftsberichte Saarbrücker Zeitung 2018/2019
Wenn Sie die nächsten Saarlandinside-Beiträge nicht verpassen wollen, informieren wir Sie gerne rechtzeitig per Newsletter. Hier kostenlos bestellen.